Kurze Zeit später
Leicht betrübt/erzürnt ob des suboptimalen Ergebnisses der Palestra-Recherche ging ich mit dem guten Pepo nach Hause. Vor der Haustür trafen wir auf unseren Nachbarn, einen Libanesen namens Ramses. Jener ist ein recht mondäner Typ, der sich stylish kleidet, unter anderem nach guter italienischer Art mit viel Brusthaar herzeigendem, weit aufgeknöpftem Hemd. Ramses wollte gerade in die Stadt fahren, um sich mit unserem Hausbesitzer zum Abendessen zu treffen und lud uns gleich ein, ihnen Gesellschaft zu leisten. Wir aber wollten nicht mit, stattdessen führte ich Pepo in eine um die Ecke liegende Tavola, ein günstiges Restaurant mit italienischern Küche, aus.
Na aber hallo, das war mal ein Laden!
Doch dazu gleich mehr. Zunächst habe ich den guten Pepo auf dem Weg dorthin noch schnell über Ramses ausgefragt, weil der mich irgendwie neugierig gemacht hatte und der gute Pepo stand mir natürlich wie immer in abwechselnd Italienisch und fiesem Borat-Englisch Rede und Antwort: “Rrramses, he is very riiich, he don’t do anything, not work. Always have very good looking girlfriend and travel very much, now he meet the owner from our house which also don’t work and is very riiich.” Natürlich kamen wir daraufhin darüber ein, dass Ramses wahrscheinlich ein Pharao ist. Ramses, il faraone, heißt er dementsprechend nun jetzt auch in der sich stetig erweiternden Pepo/Pippo-Terminologie.
Dann also bei der Tavola angekommen: Ein herrlich morbider Schuppen. Der Fernseher war sehr laut aufgedreht und alle Gäste hatten sich so hingesetzt, dass sie im idealen Winkel zu selbigem saßen, daher musste ich mich auch neben Pepo und nicht ihm gegenüber hinsetzen. Macht man wohl so in einer Tavola.
Der Besitzer kam dann auch gleich auf uns zu, um unsere Bestellung aufzunehmen. Er war ein älterer Herr von typisch italienischem überstark ausgeprägtem Selbstbewusstsein und auffallend schlechten Zähnen. Auf Pepos Frage nach der Spezialität des Hauses empfahl er uns etwas Schmackhaftes aus Sizilien, denn er war Sizilianer. Etwas Spaghettiges mit Pesto sollte es sein, das er mit folgenden ungefähren Worten anpries: “Wenn Ihr ein wirklich gutes Spaghettigericht mit Pesto (in Wahrheit hat er natürlich den Namen des Gerichtes genannt, den ich aber noch beim Essen wieder vergessen habe) wollt, dann müsst ihr das bei mir essen. Nur bei mir gibt es das in solch einer ausgezeichneten Qualität. Das gibt es in ganz Mailand kein zweites Mal. Nur bei mir.” – Tja, da mussten wir es ja bestellen. War auch wirklich recht gut, und das obwohl es aus der Mikrowelle kam.
Kurz nachdem uns aufgetischt wurde, machte sich der Inhaber, dem, spätestens nachdem er sich uns als Sizilianer offenbart hatte, etwas Patenhaftes anhing, auf, die Kneipe zu verlassen. Dazu legte er sich einen Mantel über die Schultern (er schlüpfte wohlgemerkt nicht ganz hinein) und ich meine mich auch an einen, den semi-majestätischen Eindruck eines Schutzgelderpresserbandenbosses unterstützenden, schmucken Handstock zu erinnern, den er sich auch noch griff. Uns zunickend, ließ er uns noch wissen: “Macht Euch keine Sorgen, meine Kinder sind hier, die bedienen Euch, während ich nicht da bin. Ciao, buona serata!”
Alles klar, da waren wir aber beruhigt, schließlich hatten seine Kinder uns ja schon die ganze Zeit bedient. Seine Kinder waren: 1. Eine pummelige Tochter mit kurzen, fettigen, merkwürdig blond angefärbten Haaren, so als ob sie sich sie erst hatte blondieren wollen und es sich dann aber doch noch anders überlegt hatte und den Färbevorgang mitten drin abgebrochen hätte. 2. Ein unglaublich verpennter Sohn, der aussah, als sei er gerade aus dem Bett gefallen, und ständig vor sich hin gähnte. 3. Der Hauptdarsteller: Maurizio. Ein sehr redseliger Typ, der auch für das Fernsehprogramm verantwortlich war. Troja fing gerade an. Was mir als altem Sprachforscher natürlich gleich auffiel: “Pepo, 'troia' heißt doch auf Italienisch ‘Nutte’, nicht wahr?” – “Richtig, Pippo, wird auch gerne als Schimpfwort verwendet, so sagt man zum Beispiel gerne mal ‘porca troia’, wenn einem etwas nicht behagt” – “Soso, dann ist es doch aber recht witzig, dass der Film so heißt?” – “Richtig, obwohl die Stadt, um die es in dem berühmten Krieg ging, auf Italienisch auch ‘Troia’ heißt, hat man das Problem des Synonyms in Italien allerdings gallant umschifft, indem man es bei dem Film ausnahmsweise mal bei dem Originaltitel, Troy, belassen hat. Vielleicht auch, um eventuelle Hoffnungen, es könnte sich dabei um ein leicht schmuddeliges amouröses Filmchen handeln, gleich von Anfang an die Grundlage zu entziehen.
Zurück zu Maurizio: Er offenbarte sich sogleich als wahrer Cineast und genereller Kenner der Popkultur, indem er uns monologisierend längere Abhandlungen über seine Lieblingsfilme (Titanic, Moulin Rouge) und seine Lieblingsmusiker (Madonna und eine italienische Ausgabe von Celine Dion) hielt. Pepo hielt daraufhin mit seinem Urteil über Maurizio nicht lange hinterm Berg und raunte mir ein “Queer!” zu, allerdings unternahm er doch noch den Versuch der Gegenprobe, als Maurizio über das Musical “Cabaret”, das zur Zeit in Mailand aufgeführt wird, sprach. “Ah”, meinte Pepo, “das findest Du gut, weil da die geile La Hunziker die Hauptrolle hat!” –“Die Hunziker?”, urteilte der Fachmann in Maurizio-Gestalt, “Pah! Mittelmaß!” Nun gut, Paolos These war bestätigt und Maurizio so warm wie die Mikrowellen-Spaghetti mit Pesto.
Das Gute daran war allerdings, dass uns ungefragt noch allerlei Zusatzleckereien auf den Tisch gestellt wurden und auch, dass der Caffe’ und der Verteiler nicht auf der Rechnung auftauchten. Pepo ist übrigens bis heute überzeugt, Maurizio hatte auf mich ein Auge geworfen, dabei hat er ausschließlich mit Pepo geredet. Allerdings über mich. So schlug der Kultur-Experte vor, mit dem Deutschen (mir) in das Dracula-Musical zu gehen, das würde mir wohl gefallen. In Italien heißt es nämlich über den deutschen Musikgeschmack, er sei eine Mischung aus Techno (Scooter und Einsweipolizei sei Dank) und Heavy Metal. Letzteres wohl, weil für den Italiener hinter den Alpen gleich Finnland anfängt. Und da wohnt Maurizio zufolge wohl auch irgendwo Dracula.
Na aber hallo, das war mal ein Laden!
Doch dazu gleich mehr. Zunächst habe ich den guten Pepo auf dem Weg dorthin noch schnell über Ramses ausgefragt, weil der mich irgendwie neugierig gemacht hatte und der gute Pepo stand mir natürlich wie immer in abwechselnd Italienisch und fiesem Borat-Englisch Rede und Antwort: “Rrramses, he is very riiich, he don’t do anything, not work. Always have very good looking girlfriend and travel very much, now he meet the owner from our house which also don’t work and is very riiich.” Natürlich kamen wir daraufhin darüber ein, dass Ramses wahrscheinlich ein Pharao ist. Ramses, il faraone, heißt er dementsprechend nun jetzt auch in der sich stetig erweiternden Pepo/Pippo-Terminologie.
Dann also bei der Tavola angekommen: Ein herrlich morbider Schuppen. Der Fernseher war sehr laut aufgedreht und alle Gäste hatten sich so hingesetzt, dass sie im idealen Winkel zu selbigem saßen, daher musste ich mich auch neben Pepo und nicht ihm gegenüber hinsetzen. Macht man wohl so in einer Tavola.
Der Besitzer kam dann auch gleich auf uns zu, um unsere Bestellung aufzunehmen. Er war ein älterer Herr von typisch italienischem überstark ausgeprägtem Selbstbewusstsein und auffallend schlechten Zähnen. Auf Pepos Frage nach der Spezialität des Hauses empfahl er uns etwas Schmackhaftes aus Sizilien, denn er war Sizilianer. Etwas Spaghettiges mit Pesto sollte es sein, das er mit folgenden ungefähren Worten anpries: “Wenn Ihr ein wirklich gutes Spaghettigericht mit Pesto (in Wahrheit hat er natürlich den Namen des Gerichtes genannt, den ich aber noch beim Essen wieder vergessen habe) wollt, dann müsst ihr das bei mir essen. Nur bei mir gibt es das in solch einer ausgezeichneten Qualität. Das gibt es in ganz Mailand kein zweites Mal. Nur bei mir.” – Tja, da mussten wir es ja bestellen. War auch wirklich recht gut, und das obwohl es aus der Mikrowelle kam.
Kurz nachdem uns aufgetischt wurde, machte sich der Inhaber, dem, spätestens nachdem er sich uns als Sizilianer offenbart hatte, etwas Patenhaftes anhing, auf, die Kneipe zu verlassen. Dazu legte er sich einen Mantel über die Schultern (er schlüpfte wohlgemerkt nicht ganz hinein) und ich meine mich auch an einen, den semi-majestätischen Eindruck eines Schutzgelderpresserbandenbosses unterstützenden, schmucken Handstock zu erinnern, den er sich auch noch griff. Uns zunickend, ließ er uns noch wissen: “Macht Euch keine Sorgen, meine Kinder sind hier, die bedienen Euch, während ich nicht da bin. Ciao, buona serata!”
Alles klar, da waren wir aber beruhigt, schließlich hatten seine Kinder uns ja schon die ganze Zeit bedient. Seine Kinder waren: 1. Eine pummelige Tochter mit kurzen, fettigen, merkwürdig blond angefärbten Haaren, so als ob sie sich sie erst hatte blondieren wollen und es sich dann aber doch noch anders überlegt hatte und den Färbevorgang mitten drin abgebrochen hätte. 2. Ein unglaublich verpennter Sohn, der aussah, als sei er gerade aus dem Bett gefallen, und ständig vor sich hin gähnte. 3. Der Hauptdarsteller: Maurizio. Ein sehr redseliger Typ, der auch für das Fernsehprogramm verantwortlich war. Troja fing gerade an. Was mir als altem Sprachforscher natürlich gleich auffiel: “Pepo, 'troia' heißt doch auf Italienisch ‘Nutte’, nicht wahr?” – “Richtig, Pippo, wird auch gerne als Schimpfwort verwendet, so sagt man zum Beispiel gerne mal ‘porca troia’, wenn einem etwas nicht behagt” – “Soso, dann ist es doch aber recht witzig, dass der Film so heißt?” – “Richtig, obwohl die Stadt, um die es in dem berühmten Krieg ging, auf Italienisch auch ‘Troia’ heißt, hat man das Problem des Synonyms in Italien allerdings gallant umschifft, indem man es bei dem Film ausnahmsweise mal bei dem Originaltitel, Troy, belassen hat. Vielleicht auch, um eventuelle Hoffnungen, es könnte sich dabei um ein leicht schmuddeliges amouröses Filmchen handeln, gleich von Anfang an die Grundlage zu entziehen.
Zurück zu Maurizio: Er offenbarte sich sogleich als wahrer Cineast und genereller Kenner der Popkultur, indem er uns monologisierend längere Abhandlungen über seine Lieblingsfilme (Titanic, Moulin Rouge) und seine Lieblingsmusiker (Madonna und eine italienische Ausgabe von Celine Dion) hielt. Pepo hielt daraufhin mit seinem Urteil über Maurizio nicht lange hinterm Berg und raunte mir ein “Queer!” zu, allerdings unternahm er doch noch den Versuch der Gegenprobe, als Maurizio über das Musical “Cabaret”, das zur Zeit in Mailand aufgeführt wird, sprach. “Ah”, meinte Pepo, “das findest Du gut, weil da die geile La Hunziker die Hauptrolle hat!” –“Die Hunziker?”, urteilte der Fachmann in Maurizio-Gestalt, “Pah! Mittelmaß!” Nun gut, Paolos These war bestätigt und Maurizio so warm wie die Mikrowellen-Spaghetti mit Pesto.
Das Gute daran war allerdings, dass uns ungefragt noch allerlei Zusatzleckereien auf den Tisch gestellt wurden und auch, dass der Caffe’ und der Verteiler nicht auf der Rechnung auftauchten. Pepo ist übrigens bis heute überzeugt, Maurizio hatte auf mich ein Auge geworfen, dabei hat er ausschließlich mit Pepo geredet. Allerdings über mich. So schlug der Kultur-Experte vor, mit dem Deutschen (mir) in das Dracula-Musical zu gehen, das würde mir wohl gefallen. In Italien heißt es nämlich über den deutschen Musikgeschmack, er sei eine Mischung aus Techno (Scooter und Einsweipolizei sei Dank) und Heavy Metal. Letzteres wohl, weil für den Italiener hinter den Alpen gleich Finnland anfängt. Und da wohnt Maurizio zufolge wohl auch irgendwo Dracula.
PhiSch - 11. Apr, 15:44